Freitag, 22. Juni 2007

Sprachenstreit

Erst vor kurzem haben sich die Kantone geeinigt, dass jeder für sich entscheiden kann, welche Sprache als erste gelehrt wird. Nun wurde gestern im Nationalrat mit knapper Mehrheit ein neues Sprachgesetz angenommen. Dieses soll den Gebrauch der Amtssprachen regeln und sieht zudem Förderungsmassnahmen im Bezug auf die Mehrsprachigkeit vor. Der umstrittenste Punkt ist allerdings die Forderung, dass als erste Fremdsprache in der Primarstufe künftig in allen Kantonen wieder eine Landessprache gelehrt werden sollte. Reaktionen auf dieses Vorhaben liessen nicht lange auf sich warten. Es wird bereits über ein Referendum gesprochen. Auch die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren hat sich zu Wort gemeldet, dass es falsch sei, den Kantonen vorzuschreiben, welche Fremdsprache als erste unterrichtet werden müsse. Aus wirtschaftlicher Sicht, so die Economie Suisse, sei dies ein Rückschritt, da Englisch mittlerweile viel wichtiger sei als die vier Landessprachen.

Ein weiteres Gegenargument bezieht sich auf den Föderalismusverlust der Kantone, wenn auf bundesstaatlicher Ebene entschieden wird, welche Fremdsprache die Primarschüler zuerst lernen müssen.

Auf der einen Seite sind die Reaktionen der Gegner des neuen Sprachgesetzes verständlich. Es lässt sich nicht abstreiten, dass gute Englischkenntnisse nicht nur in der Wirtschaft, son¬dern auch in vielen anderen Bereichen fast schon als essenziell angesehen werden können. Aber auf der anderen Seite kann man auch die Initiatoren des vorgeschlagenen Sprachgesetzes verstehen. Die Viersprachigkeit wird häufig gerühmt und als Besonderheit der Schweiz gerühmt, auf welche die meisten Schweizer stolz sind. Es ist nur natürlich, dass Befürchtungen aufkommen, dass die Eigentümlichkeit längerfristig verloren geht, wenn nichts unternommen wird, um sie zu erhalten. Schliesslich wäre es schade, wenn die Kommunikation der Bewohner der verschiedenen Sprachregionen sich in einer fünften Sprache gehalten werden müsste. Die Befürworter verweisen daher auf die Signalwirkung des Gesetzes.

Ein Aspekt der ganzen Debatte, der immer wieder vergessen geht, ist, dass die Betroffenen eigentlich weniger die Erwachsenen als die SchülerInnen selber sind. Klar, Acht- bis Zwölfjährige sind vielleicht ein wenig zu jung, um vorherzusehen, was am allerbesten für sie ist. Trotzdem wäre es interessant, auch ihre Stimme zur Fremdsprachregelung hören. Und schliesslich wäre auch ein Miteinbezug der BerufsschülerInnen und GymnasiastenInnen (oder der verschiedenen Jugendparlamente ) in die Diskussion zu überdenken. Diese Jugendlichen sind beinahe am Ende ihrer schulischen Laufbahn, können sich aber doch noch gut an ihrer Primar- und Oberstufenzeit erinnern, jedoch auch schon einschätzen, welche Anforderungen das Berufsleben mit sich bringen wird.

Man wird sehen, wie es weiter geht. Zunächst wird das Gesetz nun aber erst einmal im Ständerat besprochen werden, der wahrscheinlich einige Korrekturen anbringen wird.

von "Daniela Koller"

1 Kommentar:

  1. Zusätzlich könnte man auch noch erwähnen, dass der Nationalrat als solches gar nicht die Kompetenz hat, den Kantonen vorzuschreiben wie sie ihr Schulwesen zu gestalten haben.

    Art. 62 Abs. 1 der Bundesverfassung legt sehr eindeutig fest, dass das Schulwesen Sache der Kantone ist und deshalb nicht im Kompetenzbereich des Bundes liegt.

    Es scheint als wollen einige Politiker mit diesem Entscheid nur Wahlkampf betreiben, da es eigentlich klar sein sollte, warum die Schulhoheit bei den Kantonen liegt.

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