Dienstag, 15. Mai 2007

Ein Wort zum politischen Klimawandel

Geografisch befindet sich die Schweiz in der nördlichen gemässigten Zone; über das Klima steht in Wikipedia, der freien Enzyklopädie: "[...] herrscht gemässigtes mitteleuropäisches Klima [...] Das Klima ist regional jedoch sehr unterschiedlich. Dies ist bedingt durch die Höhenlage wie auch durch die geografische Lage." Es ergibt sich nun, dass diese Beschreibung auch das politische Klima überraschend genau trifft; die Schweiz pflegt eine lange Tradition der Toleranz, der Neutralität und des Dialogs. Die Schweizer Regierung besteht seit der Staatsgründung aus mehreren Parteien als Konkordanzdemokratie. Anders als in Ländern jenseits unserer Grenzen sind alle (grossen) Parteien am Entscheidungs- und Regierungsprozess beteilitgt; es wechseln sich nicht verschiedene Regierungen und verschiedene Koalitionen ab, die vom unzufriedenen Stimmvolk jeweils nach ihrer Regierungszeit abgewählt und durch die aktuelle Opposition ersetzt wird, die dann genauso kläglich scheitern wird.


Doch in letzter Zeit hörte man immer mehr über den Klimawandel; keine Versicherungsgesellschaft und keine Bank mehr, die keinen speziellen Klimafonds anbieten; wohin wir auch schauen wird sich um das Klima gesorgt. Aber, wieder in Analogie zum metrologischen Klima, scheint sich auch das politische Klima der Schweiz zu wandeln.


Seit Ende 2003 hat die SVP bereits mehrmals mit einem Gang in die Opposition gedroht und hat damit die lange Tradition der Konkordanz bedroht. Es wurde eine Initiative lanciert, um ein Minarettverbot zu erreichen, was im Kontrast zum Völker- und Bundesrecht steht, und es wurde gefordert, dass das Anti-Rassismusgesetz aufgehoben wird und Asylbewerber mit Nichteintretensentscheid auf Nothilfe gesetzt werden, was die gesamte humanistische Tradition der Schweiz verleugen würde.
Der Gewerkschaftsbund hat im Wahlkampf seine politischen Gegner als Invaliden plakatiert, was gegen alle Regeln des Anstandes verstösst. Die Rapper-Szene greift die Bürgerlichen mit beleidigenden Parolen an, welche allerdings zum Stil des Rap gehören, trotzdem aber jeglichen Anstandsvorstellungen widersprechen. Verschiedene bürgerliche Mitglieder der Regierung oder des Parlaments wurden mit Nazis verglichen. Das entspricht nicht der Wahrheit und ist in höchstem Masse beleidigend.


Dies entspricht nicht dem Bild, das ich von der Schweiz habe. Wir sollten mit Respekt miteinander umgehen, denn dieser ist Grundlage für Vertrauen und damit der Nährboden der Konkordanz. Wer nur durch Polarisation Politik betreiben kann wird kaum eine Situation differenziert anschauen und objektiv bewerten können. Genau dies benötigt es aber, wenn man zusammenarbeiten will; die Fähigkeit, gemeinsam Kompromisse einzugehen und auch Entscheidungen gemeinsam zu tragen, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprachen sind meiner Meinung nach typische Merkmale der Schweiz. Anstatt sich über die apolitische Jugend zu beklagen sollte man doch daher zuerst sein eigenes Verhalten verändern, denn wer wollte bezweifeln, dass ein konstruktive Klima der Konkordanz auch für Jugendliche ein viel Überzeugenderes Argument zum Einstieg in die Politik ist das destruktive und gespaltene Verhältnis, das zwischen Gegnern herrscht. Versuchen wir also, keine Gegner zu werden.

Oder, frei nach Schiller: Eidgenossen! Seid doch ein einzig Volk von Brüdern!

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