Sonntag, 13. Januar 2008

Sind Buben dümmer als Mädchen?

Daniela Koller Laut dem Kinderarzt und Jugendkenner Remo Largo hat sich die Chancenungleichheit verschoben. Wurden im Bereich der Bildung vor ein paar Jahrzehnten noch vor allem Mädchen vernachlässigt, so hat sich das Bild während den 1990er Jahren gewendet.

Im Das Magazin dieser Woche zeigt er sich beunruhigt darüber, dass die Anteil der Mädchen, welche eine Mittelschule abschliessen, seit bis 2006 auf 60 Prozent gestiegen sei. Auf der anderen Seite gibt es mehr Knaben, je tiefer das Niveau ist. Dies zeigen jedenfalls die Daten aus dem Kanton Zürich.
Nun stellt sich die Frage, wo die Ursache dieser Verschiebung liegt. Sind die Knaben fauler oder dümmer als die Mädchen? Oder richtet sich der Lehrplan ganz einfach eher nach den Stärken der Mädchen?

Largo argumentiert, dass die Geschlechter sich in ihren Interessen und Motivation unterscheiden. Fähigkeiten im mathematisch- naturwissenschaftlichen, motorischen oder musischen Bereich, wo männliche Jugendliche oftmals stärker als ihre Mitschülerinnen sind, würden im heutigen Schulmodell viel zu wenig berücksichtigt. Dieses schreibe Kompetenzen wie Ordnung, Fleiss und Pünktlichkeit sowie die Wichtigkeit sprachlicher Fächer gross, alles Dinge, welche den Mädchen von Natur aus näher liegen.
Der Frage, warum vor 40 oder mehr Jahren, als Disziplin noch eine weit grössere Rolle spielte, hauptsächlich Knaben das Gymnasium besuchten, weicht Largo aus und nimmt keine Stellung dazu, ob dies nur dank der Bevorzugung des männlichen Geschlechts möglich war. Darf man der Tatsache, dass der Knabenanteil in den Kleinklassen und der Realschule höher ist als in der Sekundarschule oder Gymnasium ausschliesslich dem Bildungssystem zuschreiben?

Auf der einen Seite kann ich einige Vorwürfe von Largo an das heutige Schulsystem jedoch unterstützten, vor allem im Bezug auf Geschlechtergleichberechtigung. So habe ich mich bei der Einführung des Tochtertages gefragt, wo denn der Sohntag bleibe. Auch die Appelle, dass man den Frauenanteil in den naturwissenschaftlichen und technischen Studienrichtungen för-dern müsse, finde ich übertrieben. Klar sollen Frauen die gleichen Chancen haben. Aber kann es nicht einfach auch sein, dass sich das weibliche Geschlecht weniger für Chemie, Physik oder Ingenieurwesen interessiert?

Einen Lösungsansatz sieht Largo in einer vermehrten Individualisierung des Unterrichts, um die Stärken des Einzelnen zu fördern. Dieser Vorschlag ist nicht neu (man erinnere sich beispielsweise an Rudolf Steiner) und wäre sicher ein wichtiger Schritt hinzu selbstständigeren jungen Menschen und weg von der Vernachlässigung eines Geschlechts. In Realität wird dies allerdings kaum umsetzbar sein, solange Rationalität und Finanzen auch im Bereich der Bildung im Vordergrund stehen.


Link zum Artikel aus dem Tagi Magazin: Der gute Schüler ist heute ein Mädchen

Autor: Daniela Koller
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